Raphaël Fendrich über den Tagungsband „Aufgeklärte Sozietäten, Literatur und Wissenschaft in Mitteleuropa”

június 14th, 2023 § 0 comments

Rezension

Di­e­ter Bre­u­er / Gá­bor Tüs­kés (Hrsg.): Auf­geklär­te So­zi­etä­ten, Li­te­ra­tur und Wis­senschaft in Mit­te­le­uro­pa. Ber­lin, Bos­ton 2019: Wal­ter de Gruy­ter (Frü­he Ne­u­ze­it 229). 567 Se­i­ten. ISBN: 978–3‑11–063375‑7

Es emp­fi­ehlt sich den um­fang­re­i­chen Ta­gungs­band mit dem Vor­wort Gá­bor Tüs­kés’ und dem ein­le­i­ten­den Beit­rag Hel­mut Re­inal­ters zur Be­de­u­tung auf­geklär­ter So­zi­etä­ten zu be­gin­nen. Die sich ansch­li­eßen­den Beiträ­ge sind in drei Absch­nit­ten geg­li­edert: I Aka­de­mis­che Be­we­g­ung und auf­geklär­te So­zi­etä­ten in ih­ren Re­gionen; II Ge­he­i­me Ges­ells­chaf­ten; III Au­toren, Samm­ler, Wis­senschaft­sor­ga­ni­sa­toren und die Fre­i­ma­u­rerei. Wer als Fachf­rem­der das gan­ze Buch li­est, kann auf Grund der großen Zahl an Stu­di­en leicht den Überb­lick ver­li­e­ren: Der Band enthält 31 Beiträ­ge in deu­tscher (22), eng­lis­cher (5) und franz­ö­sis­cher (4) Spra­che mit Frag­es­tel­lun­gen zur aka­de­mis­c­hen Be­we­g­ung, zu ein­zel­nen Per­son­en, zu verschi­e­de­nen Ges­ells­chaf­ten oder auch zu Ge­lehr­ten­netz­wer­ken und ein­zel­nen Quellen/Werken mit Be­zug zur Fre­i­ma­u­rerei und zu an­de­ren So­zi­etä­ten. Mit dem Sch­wer­punkt auf den Habs­bur­g­is­c­hen Erblän­dern wird die Auf­merk­sam­ke­it auf eine in Hin­b­lick auf die The­ma­tik in der Forschung bis­her stark ver­nachläs­sig­te Re­gi­on ge­lenkt. Die Beschrän­kung auf drei Veröf­fent­li­chungsspra­chen macht die Er­geb­nis­se verschi­ed­ener Di­szi­pli­nen ‒ da­run­ter Literatur- und Sprach­wis­senschaft, Phi­lo­sop­hie, His­to­rio­gra­p­hie, Rechts­wis­senschaf­ten ‒ ei­ner brei­te­ren Le­ser­schaft zugänglich.

Hel­mut Re­inal­ter cha­rak­te­ri­si­ert zu Be­ginn verschi­e­de­ne Aus­for­mun­gen von So­zi­etä­ten und stellt den Forschungsstand dar (S. 1‒13). Er un­ter­sche­i­det die Kor­pora­ti­onen des Mit­tel­alters, in wel­chen durch die „so­zia­len Gli­ede­run­gen die Ver­band­szug­ehö­rig­ke­it“ be­stimmt war, von den bür­ger­li­chen Assoziationen/Sozietäten, die sich im 18. Jahr­hun­dert als eine neue Form der Or­gan­i­si­er­ung hera­us­bil­de­ten und durch­setz­ten. Skiz­zi­ert wer­den verschi­e­de­ne Or­ga­ni­sa­ti­on­sar­ten: Aka­de­mi­en, pat­ri­ot­is­che und ge­me­in­nützi­ge Ges­ells­chaf­ten, Le­se­ges­ells­chaf­ten, Fre­i­ma­u­rerei und Ge­heim­bün­de, Sa­lons und Kaffeehäuser.

In Ivo Cer­mans Beit­rag Die Rol­le der Aka­de­mie im na­tur­recht­li­chen Sta­ats­recht Ch­ris­ti­an Wolffs am An­fang von Absch­nitt I steht das Schul- und Bil­dungs­we­sen im Mit­tel­punkt (S. 17‒30). In­ner­halb ei­nes stra­frecht­li­chen Rechts­rah­mens, so die deu­tsche Schu­le des Na­tur­rechts, ob­li­e­ge es dem Herr­scher, die Sit­ten der Bür­ger zu kul­ti­vi­e­ren, es li­e­ge so­mit in der Ve­rant­wort­lich­ke­it des Sta­a­tes ein Schulsys­tem ein­zu­rich­ten. Wolff, der auch von Sa­mu­el von Pu­fend­orf be­e­inf­lusst wurde, ver­band Ideen in der Tra­di­ti­on von Co­me­ni­us (Ele­ment­ar­bil­dung) und Leib­niz (So­zi­etät der Wis­senschaf­ten), zu ei­nem „Sys­tem der all­ge­me­i­nen Schul­bil­dung, zu dem auch eine Aka­de­mie der Wis­senschaf­ten ge­hö­ren soll­te“ (S. 29). Hi­er­bei han­del­te es sich nicht um ei­nen Ent­wurf zur so­for­ti­gen Um­set­zung, son­dern um ein Pro­jekt für die Zu­kunft. Im Auf­satz von End­re Kiss, „Über die Evi­denz in me­taphy­sis­c­hen Wis­senschaf­ten: Die Pre­i­sa­uf­ga­be der Ber­li­ner Aka­de­mie der Wis­senschaf­ten von 1761, steht die Kon­zept­ion ei­ner Aufklä­rung als li­near­er Pro­zess zur De­bat­te (S. 31‒48). Es wird der Be­griff der Inter-Aufklärung ein­ge­führt und dis­ku­ti­ert, Be­we­g­un­gen, die der Li­ne­arität des Den­kens und von Pro­zes­sen entge­gens­te­hen oder di­e­se aufhalten.

Ge­lehr­te Kor­res­pon­den­zen spi­el­ten für die früh­ne­u­ze­it­li­che Wis­sens­kons­ti­tu­ti­on und ‑ak­ku­mu­la­ti­on eine be­de­u­ten­de Rol­le. Franz M. Eybl be­trach­tet in di­esem Zu­sam­men­hang das Bri­ef­netz­werk des Al­ter­tums­wis­senschaft­lers Ch­ris­ti­an Adolf Klotz, die Kont­ro­ver­se mit Les­sing so­wie die Um­struk­tu­ri­er­ung ge­lehr­ter li­ter­aris­cher Kom­mu­ni­kat­ion (S. 49‒61). Bar­ba­ra Mahlmann-Bauer un­ter­sucht ei­nen Kon­takt des Ge­lehr­ten­netz­wer­kes Jo­hann Ja­kob Bre­i­t­in­gers, näm­lich mit György Kal­már (S. 62‒94). Dar­ü­ber hi­na­us enthält ein An­hang eine Über­sicht über die Bri­e­fe Kal­márs (S. 94f.) und die Edi­ti­on ei­nes Bri­e­fes Bre­i­t­in­gers an Kal­már und von sechs Bri­e­fen Kal­márs an Bre­i­tin­ger in la­te­i­nis­cher Spra­che neb­st deu­tscher Über­setzung (S. 96‒117). Kal­már kam nach ab­ge­sch­los­se­nem Theo­lo­gi­es­tu­di­um auf der Su­che nach För­der­ern und Subsk­ri­ben­ten nach Zü­rich. Der Er­werb des Hebräis­c­hen wäh­rend des Theo­lo­gi­es­tu­di­ums hat­te sein In­te­res­se für ori­en­ta­lis­che Spra­chen ge­weckt. Dies mach­te den Kon­takt mit dem Theo­lo­gen und Heb­ra­is­ten Bre­i­tin­ger für ihn in­te­res­sant. Mahlmann-Bauer be­rührt ne­ben bio­gra­p­his­c­hen und bib­lio­gra­p­his­c­hen Fra­gen vi­e­le As­pek­te di­e­ses Kon­takts im Kon­text zeit­gen­ös­sis­cher De­bat­ten, so dass die Stu­die für verschi­e­de­ne In­te­res­sen­ten le­sens­wert ist: Ne­ben ei­nem Beit­rag zur So­zi­etäts­forschung im Zu­sam­men­hang ei­nes Kor­res­pon­denz­netz­wer­kes er­hellt sie theo­lo­gi­e­ge­schicht­li­che The­men, die Ge­schich­te von Sprachp­hi­lo­sop­hie und Sprach­wis­senschaft, ins­beson­de­re De­bat­ten der Heb­ra­is­tik, je­doch auch zur Stel­lung des Un­ga­ris­c­hen in­ner­halb der ori­en­ta­lis­c­hen Spra­chen, bis hin zu ers­ten The­sen ei­ner Ver­wandtschaft des Un­ga­ris­c­hen mit dem Fin­nis­c­hen. And­re­as Erb nimmt die Be­de­u­tung der Deu­tsc­hen Ges­ells­chaf­ten in den Län­dern der Habs­bur­ger­mon­ar­chie in den Blick, ins­beson­de­re die So­ci­etas eru­di­to­rum in­cog­ni­to­rum in ter­ris Aust­ria­cis (Grün­dung 1746 in Ol­mü­tz), die ein­zi­ge, wel­che eine ge­wis­se Be­de­u­tung er­langen konn­te, wäh­rend die 1760 in Wien geg­rün­de­te Deu­tsche Ges­ells­chaft so­wie die von Schül­ern geg­rün­de­ten am Gym­na­si­um in Hermann­stadt oder am Ly­ze­um in Preß­burg nur von kur­zer Dau­er und ger­in­ger Wir­kung waren (S. 118‒141). Die sch­lech­te Qu­el­len­lage er­laubt kei­ne verläss­li­chen An­ga­ben über Mit­g­li­eder­zah­len und Ak­ti­vitä­ten di­e­ser Ge­sell­schaf­ten. Fe­renc Tóth un­ter­sucht die Rol­le un­ga­ris­cher Ade­li­ger an der Aka­de­mie des ehe­ma­li­gen pol­nis­c­hen Kö­nigs Sta­nis­las Lesz­czyns­ki in Nancy (S. 142‒160). Olga Pen­ke stellt den Theo­lo­gen Jó­zsef Pé­cze­li und das von ihm geg­rün­de­te Jour­nal Min­de­nes Gyűj­te­mény (Mélan­ge général) ins Zent­rum ih­rer Un­ter­su­chung zur ge­lehr­ten Ges­ells­chaft von Ko­má­rom (S. 175‒188). Genau­er analy­si­ert wer­den die da­rin pub­li­zi­er­ten Ar­ti­kel zur Académie Française, die für un­ga­ris­che Au­toren stets ein Akademie-Vorbild darg­es­tellt hat­te. Eme­se Egyed un­ter­sucht die Aka­de­mi­ebe­we­g­ung an Hand der Er­dé­lyi Ma­gyar Nyelv­mí­ve­lő Tár­sa­ság / So­ci­é­té transyl­vaine (hong­roi­se) pour le Dév­e­lop­pe­ment de la Lan­gue (hong­roi­se) (1793‒1801) in Cluj (Kolozsvár/Klausenburg), wo­bei die meis­ten Sit­zun­gen in Târ­gu Mu­reș (Ma­ros­vá­sár­hely) statt­fan­den (S.189–205). Der Ju­rist György Aran­ka, eine Sch­lüssel­fi­gur der Be­we­g­ung in Si­eben­bür­gen, for­mu­li­er­te sei­ne Zi­ele all­zu ehr­ge­i­zig, wes­halb das un­ter­fi­nan­zi­er­te Pro­jekt auch schei­tern musste. Er­geb­nis der Be­st­re­bun­gen waren ein­ige Pub­li­kat­ionen, die Veröf­fent­li­chung von Ma­nus­krip­ten wurde je­doch nicht au­tor­isi­ert. Aran­kas an­ge­fer­tig­te Lis­ten, von de­nen Egyed sch­re­ibt, sie se­i­en von großem In­te­res­se, und sei­ne Samm­lun­gen bli­eben erhalten.

Was ist ei­gentlich das Wis­senschaft­li­che an ei­ner Ges­ells­chaft aus Sicht der Zeit­gen­os­sen des 18. Jahr­hun­derts? – Di­e­se Frage möch­te Béla He­ge­düs klä­ren, aus­ge­hend von frü­he­ren Stu­di­en mit beson­de­rem Blick auf die Press­bur­g­is­che Ges­ells­chaft der Fre­un­de der Wis­senschaf­ten (S. 206–214). Laut He­ge­düs sprec­hen meh­re­re Ar­gu­men­te da­für, dass di­e­se Ges­ells­chaft fre­i­ma­u­re­ris­c­hen Ursprungs sei, dass es sich wo­mög­lich aber auch um eine Fre­i­ma­u­rer­lo­ge hand­le, de­ren Name bis­her un­be­kannt ge­we­sen ist. Karl Gott­li­eb Win­disch habe dann, auch aus fi­nan­zi­el­len Grün­den, ver­sucht die Loge in eine öf­fent­lich ar­be­i­ten­de Ges­ells­chaft zu über­füh­ren. Es geht He­ge­düs sch­li­eß­lich um die Abg­ren­zung des Wis­senschafts­be­griffs – die schönen Wis­senschaf­ten von der Ma­the­ma­tik und den Na­tur­wis­senschaf­ten –, wo­bei er fragt, wie es um den Li­te­ra­tur­be­griff in der Aufklä­rung steht. Er si­eht eine be­gin­nen­de Abson­de­rung der Li­te­ra­tur – zum­in­dest bei Karl Gott­li­eb Win­disch – von den schö­nen Wis­senschaf­ten. Di­e­ter Bre­u­er sch­re­ibt über die Rol­le der 1787 geg­rün­de­ten Lit­ter­aris­c­hen Ges­ells­chaft zu Bonn im Kon­text der im Ver­gleich zu den pro­tes­tan­tis­c­hen Län­dern rückständ­i­ge­ren ka­tho­lis­c­hen Län­der im Zeital­ter der Aufklä­rung (S. 215–228). Schirm­herr der Le­se­ges­ells­chaft war der Kur­fürst Erz­bis­chof Ma­xi­mi­li­an Franz von Köln, der Bru­der des Kaisers Jo­seph II. Bre­u­er besch­re­ibt die Grün­dung di­e­ser Ges­ells­chaft, gibt eine Cha­rak­te­ri­si­er­ung und nennt die Bil­dung­szi­ele. Im Zent­rum steht der gut mit Fre­i­ma­u­rern ver­netz­te Theo­lo­ge und Aufklä­rer Eu­lo­gi­us Sch­ne­i­der, der eben­falls Mit­g­li­ed der Le­se­ges­ells­chaft wurde. Man be­a­uft­rag­te ihn nach dem Tod Jo­sephs II. 1790 da­mit, eine Trau­er­re­de zu ver­fas­sen und zu hal­ten. Di­e­se Rede wird im Beit­rag genau­er un­ter­sucht. Ge­schil­dert wird noch das Schick­sal der Le­se­ges­ells­chaft im Kon­text der Franz­ö­sis­c­hen Re­vo­lu­ti­on und ihr Fortbes­te­hen bis he­u­te erwähnt. József Si­mon analy­si­ert die un­ga­ris­che von György Bes­se­nyei zu­samm­eng­es­tell­te Text­samm­lung Bes­se­nyei György Tár­sa­sá­ga (Wien 1777, S. 161–174). Das beson­de­re di­e­ser „Ges­ells­chaft“ (= tár­sa­ság) li­egt da­rin, dass sie fik­tiv ist und aus den in der Samm­lung vert­re­te­nen Au­toren bes­teht, die je­doch tatsäch­lich unter­einan­der kor­res­pon­di­er­ten. Si­mon be­trach­tet nur die fik­tive Se­i­te der „Ge­sell­schaft“. Analy­si­ert wer­den die Fre­unds­chaft „als iden­titätss­tif­ten­des Ele­ment der Aufklä­rungs­so­zi­etät“ (S. 163) so­wie ein Es­say, der die „Ap­ori­en des Her­zens und des Ver­nunft­geb­ra­uchs der Se­ele“ (S. 163) in den Mit­tel­punkt stellt. Si­mon stellt al­les in den phi­lo­sop­hi­e­ge­schicht­li­chen Kon­text. Bes­se­nyei löst den Grund­konf­likt zwis­c­hen‚ Empfin­dung und Ver­nunft‘, zwis­c­hen Iden­titätss­tif­tung und auf Ver­nunftprinz­ipi­en grün­den­der Aufklä­rungs­ges­ells­chaft nicht auf. Ob Bes­se­nyei dies be­wusst of­fen ließ?

Zwei Ar­be­i­ten be­fas­sen sich mit Fra­gen der Le­xi­ko­gra­p­hie: Mar­git Kiss ver­gleicht die sehr un­ter­schi­ed­li­chen Wör­ter­buch­kon­zept­ionen von Jó­zsef Te­le­ki und Fe­renc Ver­se­ghy anläss­lich des 1817 aus­ge­sch­ri­ebe­nen Marczibányi-Wettbewerbs (S. 229‒238). Ei­ner der Ha­upt­un­ter­schi­e­de li­egt da­rin, ob ein ein­zel­nes, sehr um­fa­ssen­des Wör­ter­buch die bes­se­re Al­ter­na­tive dars­tellt (Te­le­ki) oder ob ein „le­xi­con etymologico-syntacticum“ von ei­ner Re­i­he von Spe­zial­wör­ter­bü­chern und ei­ner Enzyk­lopä­die ergänzt wird  (Ver­se­ghy). Auch in wei­te­ren Fra­gen ver­t­ra­ten die be­iden Au­toren sehr un­ter­schi­ed­li­che An­sich­ten, etwa in der Auf­nah­me von Ph­ra­se­o­log­is­men, eben­so in der Durch­füh­rung des Pro­jekts, der Fi­nan­zi­er­ung so­wie bei or­ga­ni­sa­to­ris­c­hen As­pek­ten der Um­set­zung. Esz­ter Cs. Her­ger zeich­net in ih­rem Beit­rag die Ent­wicklung der „Ju­ris­tenspra­che“ nach, aus­ge­hend von ers­ten Über­set­zun­gen des Tri­par­ti­tum ins Un­ga­ris­che (1565) bis hin zum rechts­wis­senschaft­li­chen Wör­ter­buch der Un­ga­ris­c­hen Ge­lehr­ten Ges­ells­chaft (1843, 2. Auf­lage 1847, S. 239‒256). Prob­le­ma­ti­si­ert wird die mang­eln­de Ein­de­u­tig­ke­it der Fach­be­grif­fe bei all di­e­sen Be­mü­hun­gen. Die „Ju­ris­tenspra­che“ wird ver­kürzt de­fi­ni­ert als „di­e­jen­ige Schicht der Spra­che, die sich aus der Ge­samt­he­it von Fach­wör­tern der Sta­at­sver­wal­tung, der Ge­setz­ge­bung und der Ju­ris­dik­ti­on zu­sam­men­setzt“ (S. 239); eine De­fi­ni­ti­on, die sich ansc­he­i­nend auf ei­nen Auf­satz von Pé­ter Ju­tai stützt. Es ent­steht so ein un­voll­ständ­i­ger Eind­ruck des­sen, was eine Fach­spra­che aus­macht, di­e­se lässt sich sch­li­eß­lich nicht auf den Wortschatz re­du­zi­e­ren. Auch über­set­zungst­he­o­retis­che Fra­gen wer­den nicht ref­lek­ti­ert: So ist von ei­nem Über­set­zungs­feh­ler die Rede, zug­leich heißt es aber: „die Ur­sa­che waren di­es­mal nicht Män­gel der deu­tsc­hen Ju­ris­tenspra­che […], son­dern die Zi­el­set­zun­gen des Ver­fas­sers, der die Ins­ti­tu­te des un­ga­ris­c­hen Rechts […] se­i­nen deutsch­spra­c­hi­gen Le­sern nä­her brin­gen woll­te“ (S. 252). Es wird hier nicht klar, ob es sich um ei­nen un­be­ab­sich­tig­ten Feh­ler oder eine be­wuss­te En­tsche­i­dung des Über­se­tzers han­delt, wel­che etwa der Ve­re­in­fa­chung ge­di­ent hab­en mag und so­mit eine der Zi­el­grup­pe vi­el­leicht doch ange­mes­se­ne Über­set­zung darst­el­len wür­de. Die Unklar­he­i­ten, die sich aus sprach­wis­senschaft­li­cher und über­set­zungs­wis­senschaft­li­cher Sicht er­ge­ben, schmä­lern den Ge­winn der Lek­tü­re in den rechts­wis­senschaft­li­chen und rechts­ge­schicht­li­chen Dars­tel­lun­gen des Ar­ti­kels je­doch nicht.

Am An­fang von Absch­nitt II möch­te And­re­as Ön­ner­fors Miss­verständ­nis­se in der Forschung bez­üg­lich der Re­la­ti­on Apo­lo­gi­que et His­to­ri­que de la So­ciété des Franc-Maçons (1738) ausräu­men (S. 259‒273). Er vers­teht sie als „Prog­rammsch­rift für die Ver­bin­dung von Fre­i­ma­u­rerei und Wis­senschaft im acht­zehn­ten Jahr­hun­dert“ (S. 260), wel­che die Fre­i­ma­u­rerei vor­nehm­lich als wis­senschaft­li­che Aka­de­mie cha­rak­te­ri­si­ert. Die Sch­rift verb­re­i­te­te sich außer­ge­wöhn­lich sch­nell in Eu­ro­pa. Ne­ben ei­ner Wi­e­der­ga­be we­sent­li­cher In­hal­te ver­weist Ön­ner­fors auf vi­e­le Pa­ral­lelst­el­len zu John To­lands Pant­he­is­ti­con (1720) und hält die The­se des Pres­se­his­to­ri­kers Jan Sgard für die plau­si­bels­te, dass es sich beim Ver­fas­ser der Re­la­ti­on um den Hu­ge­not­ten Jean Gau­ti­er de Fa­get han­delt. Ön­ner­fors gibt so­mit ein­le­uch­ten­de Ar­gu­men­te für Einf­lüs­se, wel­che auf die Sch­rift ge­wirkt hab­en, und für de­ren Ver­fas­ser­schaft. Wer sich für die Fre­i­ma­u­rerei in Sch­we­den in­te­r­es­si­ert, kann sich an an­de­re Pub­li­kat­ionen Ön­ner­fors’ hal­ten. Ma­ri­an Füs­sel un­ter­sucht die Wi­e­ner Fre­i­ma­u­rer­lo­ge Zur wah­ren Ein­tracht als „kul­tu­rel­le Kon­takt­zo­ne“, d. h. de­ren kom­mu­ni­ka­ti­ven Raum und möch­te die All­tags­ge­schich­te der Loge be­tref­fen­den Forschungs­lüc­ken sch­li­eßen, wo­bei er sich auf de­ren veröf­fent­lich­te Pro­to­kol­le stützt (S. 274‒289).[1] Füs­sel geht auf ha­bi­tu­al­isi­er­te Prak­ti­ken ein, zeigt aber auch Wi­der­sprü­che, (pro­duk­tive) Span­nun­gen und Machtstruk­tu­ren auf, etwa bez­üg­lich des Aussch­lus­ses von Per­son­en und der Abg­ren­zung zu an­de­ren zu pro­fan er­sche­i­nen­den Ins­ti­tu­ti­onen. Re­in­hard Mark­ner nimmt die ers­ten Jah­re der Pra­ger Loge Strik­te Ob­ser­vanz in den Blick (S. 290‒303). Zu Be­ginn stan­den utopis­che Plä­ne zur Grün­dung ei­nes ne­u­en Rit­ter­or­dens. Dies schei­ter­te. In der Fol­ge wid­me­te sie sich der Wohltä­tig­ke­it. Mark­ner zeich­net di­e­se Ent­wicklung nach.

Már­ton Szi­lá­gyi stellt fest, dass Fe­renc Ka­zin­czys li­ter­aris­ches Werk we­nig Spu­ren der Fre­i­ma­u­rerei enthält, dass je­doch sei­ne in Tag­e­buch­form, aber im Nach­hi­ne­in ab­ge­fass­ten au­to­biogra­fis­c­hen Sch­rif­ten sehr wohl Bez­ü­ge zur Fre­i­ma­u­rerei ent­hal­ten und auch be­le­gen, „wie viel ihm die Fre­i­ma­u­rerei be­de­u­te­te.“ (S. 406‒412). Róbert Pé­ter ver­gleicht in se­i­nem Beit­rag verschi­e­de­ne Hal­tun­gen ge­ge­nü­ber eso­te­ris­c­hen Über­zeu­gun­gen und Prak­ti­ken in den Sch­rif­ten be­de­u­ten­der un­ga­ris­cher Fre­i­ma­u­rer, aus­ge­hend von dem Netz­werk des ra­ti­o­na­lis­tisch eing­es­tell­ten Fe­renc Ka­zin­czy (S. 304‒318). Nach ei­nem kur­zen Überb­lick zum Werd­eg­ang Ka­zin­czys, geht es um des­sen fre­i­ma­u­re­ris­che In­te­res­sen ab den 1780er Jah­ren. Dif­fer­en­zen mit se­i­nem spä­te­ren Sch­wi­e­ger­va­ter Graf La­jos Tö­rök und zu se­i­nem Fre­und Ádám Pá­ló­czi Hor­váth er­ga­ben sich un­ter an­de­rem aus un­ter­schi­ed­li­chen Eins­tel­lun­gen zur Al­che­mie, zur Eso­te­rik und zu den Ro­s­enk­re­u­zern. Pé­ter zeigt, dass eine Ge­ge­nü­ber­stel­lung von Aufklä­rung und Ge­genaufklä­rung häu­fig zu kurz gre­ift, da Fre­i­ma­u­rer, die dem Mys­tiz­is­mus und der Al­che­mie viel ab­ge­win­nen konn­ten, ke­i­nes­wegs zwin­gend den Ra­ti­o­nal­is­mus ab­lehn­ten. The­o­retis­che Mo­del­le, die be­ides be­rück­sich­ti­gen, wie die Kon­zep­tu­al­isi­er­ung ei­ner ‚auf­geklär­ten Eso­te­rik‘ (S. 316) von Mo­ni­ka Neugebauer-Wölk oder des ‚Super-Enlightenment‘ (S. 316f.) von Dan Edels­tein, könn­ten solc­he Po­sit­i­onen de­ut­lich prä­zis­er besch­re­i­ben. Der Zu­sam­men­hang von Al­che­mie und der ent­ste­hen­den Phar­ma­zie sei für Un­garn noch kaum er­forscht, wür­de aber auch zur Klä­rung beit­ra­gen, in­wi­e­we­it di­e­se Wis­senschaft im Ge­is­te der Gold­su­che gestan­den hat.

Ne­ben Pé­ter be­fas­sen sich zwei wei­te­re Beiträ­ge mit dem vi­elfäl­ti­gen Werk des Fre­i­ma­ur­ers Ádám Pá­ló­czi Hor­váth. Gyu­la Lacz­há­zi un­ter­sucht den Ge­he­im­bund­ro­man Auf­ge­deck­tes Ge­he­im­nis von 1792 (S. 413‒427). Er analy­si­ert den Text, auch wenn di­rek­te Bez­ü­ge zu an­de­ren Ge­he­im­bund­ro­ma­nen nicht nach­ge­wi­e­sen wurd­en, im Kon­text di­e­ser eu­ro­päis­c­hen Gat­tung. Da­mit ver­bun­den ist eine Li­ebes­ge­schich­te, die Ele­men­te des empfind­sa­men Ro­mans auf­weist. Be­ides – Empfind­sam­ke­it und Ge­he­im­bundthe­ma­tik – stützt sich auf ein, wenn nicht ge­me­in­sa­mes, so doch sich über­schne­i­den­des Tu­gen­di­de­al: Ges­el­lig­ke­it und alt­ru­is­tis­ches Han­deln. Inhaltlich-formal han­delt es sich um eine Hera­us­ge­ber­fikti­on, wel­che den münd­li­chen Be­richt ei­ner Ini­ti­a­ti­onsge­schich­te meist aus der Ich-Perspektive wi­e­der­gibt. Der Pro­ta­go­nist gerät aus sei­ner ei­ge­nen Sicht in ei­nen Konf­likt zwis­c­hen Ver­nunft (Fre­i­ma­u­rer) und Le­idenschaft (Li­ebe). Tatsäch­lich si­eht Lacz­há­zi die Prob­le­ma­tik nicht in ei­nem Ge­gen­satz di­e­ser be­iden As­pek­te be­grün­det, vi­el­mehr wer­den für das Schei­tern des Hel­den an­de­re Ur­sa­chen an­ge­führt: „sei­ne Unentsch­los­sen­heit, Un­si­cher­he­it und mang­eln­de Hell­sich­tig­ke­it“ (S. 426). Der Text reprä­sen­ti­ert so­mit eine ei­ge­ne Va­ri­an­te des empfind­sa­men Ro­mans, wel­cher die Ge­he­im­bundthe­ma­tik einar­be­i­tet, wo­bei die Grund­funk­ti­on da­rin bes­te­he, Ide­ale der Fre­i­ma­u­rerei zu ver­te­idi­gen und zu po­pu­la­ri­si­e­ren. Ru­men Ist­ván Csörsz zeigt Fre­i­ma­u­rer­bez­ü­ge in Hor­váths Spät­werk auf (S. 428‒438). Ne­ben ei­ner kur­zen bio­gra­p­his­c­hen Skiz­ze wird ein Überb­lick sei­ner Wer­ke nach se­i­nem Ein­tritt in die Pest­er Loge Zur Groß­zü­gig­ke­it (1789) gegeben.

Pi­ros­ka Ba­logh un­ter­sucht Struk­tur und In­halt der Ver­fas­sung der vom Gra­fen Jo­hann Dras­ko­vics und Step­han Nicz­ky geg­rün­de­ten Draskovics-Observanz (S. 319‒331). Für Lo­gen jener Zeit außerg­wöhn­lich, wenn nicht einz­igar­tig, ist der zwe­i­te Teil, wel­cher eine fre­i­ma­u­re­ris­che An­th­ro­po­lo­gie mit acht Grund­tu­gen­den enthält. Am Be­is­pi­el des Werd­eg­angs des we­nig be­kann­ten Már­ton Pa­lás­thy (1755‒1788) wird zu­dem ge­ze­igt, wie be­stim­mend sei­ne Mit­g­li­eds­chaft in der Loge für sei­ne Kar­ri­e­re war: Sie er­mög­lich­te so­wohl den Auf­bau ei­nes Netz­werks mit Fre­i­ma­u­rern als auch das Wir­ken in verschi­e­de­nen Be­re­i­chen (Bü­rok­ra­tie, Re­for­men, Wis­senschaft­sor­ga­ni­sa­ti­on). Re­konst­ru­i­ert wird sein Werd­eg­ang auf der Ba­sis der Kor­res­pon­denz mit se­i­nem ehe­ma­li­gen Leh­rer, dem Pi­ar­is­ten Ká­roly Koppi.

Dem Einf­luss der Fre­i­ma­u­rerei auf si­eben­bür­g­is­che ge­lehr­te Ge­sell­schaf­ten geht An­na­má­ria Biró nach (S. 332‒347). Die be­de­u­tend­s­te Rol­le in Si­eben­bür­gen spiel­te die Loge St. And­re­as zu den drei Se­eblät­tern in Her­manns­tadt, wel­che sich eine ehr­ge­i­zi­ge För­de­rung der wis­senschaft­li­chen Ar­be­it zum Ziel ge­setzt hat­te, Zi­ele, die in den meis­ten Fäl­len auch von den mit Be­ginn der 1790er Jah­re geg­rün­de­ten Ge­lehr­ten­ges­ells­chaf­ten auf­geg­rif­fen wurd­en. De­ren Grün­dungsmit­g­li­eder hat­ten der Loge an­ge­hört. Biró stellt Übe­re­in­st­im­mun­gen zwis­c­hen den Lo­gen und den ge­lehr­ten Ges­ells­chaf­ten heraus.

Die An­ti­mas­so­ni­a­nis­che So­ci­eta­et (A.M.S.) in Deutsch­land und in Dä­ne­mark stand nach Ro­land Mar­tin Han­ke nicht im Ge­gen­satz zur Fre­i­ma­u­rerei, son­dern als Al­ter­na­tive ne­ben ihr (S. 348‒361). Sie nahm zwar nur Ade­lige auf, be­wusst aber auch Fra­u­en. Für di­e­se pi­e­tis­tisch gepräg­te So­zi­etät bil­de­te die Gott­su­che den Mit­tel­punkt. Ihr Be­stand war von ein­zel­nen Per­son­en abhän­gig, dem Gra­fen Ysenburg-Büdingen und dem Gra­fen Hein­rich XII Reuss. Als di­e­se vers­tar­ben, lös­te sie sich auf und ging – pa­ra­do­xer­wei­se – in der Fre­i­ma­u­rerei auf. Han­ke wer­tet sie als „Aus­for­mung der Flucht pi­e­tis­tisch den­ken­der Ade­li­ger in die Sche­in­welt ri­tu­el­ler Ord­nung“ (S. 361). Um ein klar­eres Bild über die A.M.S. zu er­hal­ten, müss­te die Forschung in meh­re­ren Ar­chi­ven wei­te­re Qu­el­len­bestän­de ausfin­dig ma­chen; Pro­to­kol­le und Sat­zun­gen wä­ren kri­tisch zu analy­si­e­ren, um die Stel­lung der A.M.S. im Kon­text der So­zi­etä­ten des 18. Jahr­hun­derts be­wer­ten zu können.

Am An­fang von Absch­nitt III un­ter­sucht And­rea Se­id­ler das Netz­werk des Ju­ris­ten, Mon­tan­wis­senschaft­lers und Groß­me­is­ters der Wi­e­ner Loge Zur wah­ren Ein­tracht Ig­naz von Born auf der Ba­sis der Phy­si­ka­lis­c­hen Ar­be­i­ten der ein­träch­ti­gen Fre­un­de in Wien, ergänzt mit ei­ner Über­sicht über Kon­takt­per­son­en von Borns (S. 381‒405). Se­id­ler schlägt vor, ma­the­ma­tis­che Netz­wer­ka­naly­sen zu erst­el­len, was zu ei­nem dy­na­mis­c­hen Mo­dell füh­ren wür­de, das „Aufsch­luss über re­le­van­te Ver­net­zun­gen“ (S. 396) ge­ben wür­de. Auch Olga Gra­nasztói be­fasst sich in ih­rer auf Franz­ö­sisch ver­fass­ten Stu­die mit der Loge Zur wah­ren Ein­tracht und mit de­ren Ein­fluss auf die Bil­dung des Gra­fen An­tal György Ap­po­nyi und den Her­zog La­jos Bat­thyá­ny (S. 472‒482). Ap­po­nyi war an den ägyp­tis­chem Mys­te­ri­en und ma­u­re­ris­cher Gar­ten­kun­st in­te­r­es­si­ert und för­der­te die Mu­sik, er stand be­is­pi­els­wei­se mit Haydn in Kon­takt. Auch Bat­thyá­ny war an der Gar­ten­kun­st in­te­r­es­si­ert, setz­te je­doch stär­ker Mo­tive der gri­e­chis­c­hen An­ti­ke in Sze­ne so­wie der Phi­lo­sop­hie der Aufklärung.

Etel­ka Don­csecz kann an Hand ei­nes im Un­ga­ris­c­hen Na­ti­o­nal­ar­chiv auf­be­wahr­ten, zwis­c­hen 1787 und 1789 von Fe­renc Ver­se­ghy ers­tell­ten Ma­nus­kriptblat­tes, das die Mit­g­li­eder der Pest­er Le­se­ges­ells­chaft (vor 1787 bis 1795, in­form­ell wo­mög­lich län­ger) auf­lis­tet, nach­wei­sen, dass Fe­renc Ver­se­ghy di­e­sen Per­son­enk­re­is gut kann­te, wel­cher auch aus Fre­i­ma­u­rern be­stand (S. 439‒448). Ob Ver­se­ghy selbst Mit­g­li­ed der Le­se­ges­ells­chaft war oder ob er selbst Fre­i­ma­u­rer war, lässt sich da­mit nicht be­le­gen. Tho­mas Șin­dil­ariu schil­dert aus­führ­lich die komp­li­zi­er­ten Erbst­re­i­tig­ke­i­ten, wel­che das Tes­ta­ment Sa­mu­els von Bru­kent­hal aus­lös­te, den lang­wi­e­ri­gen Pro­zess von der Tes­ta­ment­se­röff­nung im Jah­re 1803, bis zur Eröff­nung des Brukenthal-Museums im Jah­re 1817 in Herr­man­stadt und be­le­uch­tet da­bei die Rol­le Jo­hann Filtschs (S. 447‒471).

Wert­vol­les le­is­ten zwei eng­lisch­spra­c­hi­ge Beiträ­ge, die Qu­el­len­bestän­de de­ta­il­li­ert erschli­eßen: Réka Len­gyel klärt, was von den ma­u­re­ris­c­hen Do­ku­men­ten des Festetics-Archivs in Dég übrig geb­li­eben ist (vgl. S. 362‒377), wäh­rend Anna Tüs­kés Wer­ke mit Be­zug zur Fre­i­ma­u­rerei aus der Bib­li­ot­hek der Fa­mi­lie Fes­te­tics in Keszt­hely prä­sen­ti­ert (S. 483‒496).

Gá­bor Tüs­kés plä­di­ert in se­i­nem Sch­luss­beit­rag da­für, die Kunst- und Bü­cher­samm­lung des un­ga­ris­c­hen Ho­c­had­e­li­gen Mi­hály Vi­czay d. J. zu re­konst­ru­i­e­ren (S. 497‒542). Die Samm­lung, eine der „größ­ten, wis­senschaft­lich am meis­ten fun­di­er­ten und vi­el­se­i­tig­sten“ (S. 541), um­fa­ss­te ne­ben der Bib­li­ot­hek ein Münz­ka­bi­nett, Gemäl­de, an­ti­ke Plas­ti­ken und Ra­ritä­ten. Sie ist he­u­te vers­tre­ut, eine voll­ständ­ige Re­konst­ruk­ti­on nicht mehr mög­lich. Dem Au­tor er­sche­int es loh­nens­wert, fa­chü­berg­re­i­fend – zum­in­dest vir­tu­ell – mit­hil­fe von Versteigerungs‑, Museums- und Auss­tel­lung­ska­ta­lo­gen eine in­ter­na­ti­o­nale Pro­ve­ni­enz­forschung zu be­t­re­i­ben, Netz­wer­ke von Samm­lern und Händ­lern zu un­ter­su­chen, und un­be­kann­te Zu­sam­menhän­ge der Samm­lungs­ge­schich­te zu erschli­eßen, um das Bild Vi­czays zu ver­voll­ständ­i­gen. Man möch­te hin­zu­fü­gen, dass di­e­ses genau­e­re Bild Vi­czays um­ge­kehrt ge­wiss neue in­te­res­s­an­te De­ta­ils in Be­zug auf kun­stge­schicht­li­che Frag­es­tel­lun­gen wie den Kun­sthan­del zu Tage för­dern würde.

Meh­re­re Beiträ­ge des Band­es sind re­ich mit Schwarz-Weiß-Abbildungen il­lust­ri­ert. Ein Per­son­en­reg­is­ter er­leich­tert den Zug­riff. Die Fül­le an Fuß­no­ten mit Ver­wei­sen stel­len eine wah­re Fund­g­ru­be für die Wei­ter­ar­be­it dar, für wel­che ge­wiss all di­e­jen­i­gen dank­bar sein wer­den, die sich in die The­ma­tik ver­ti­e­fen möch­ten. Die Beiträ­ge sind al­le­samt von Fach­le­uten und Ken­nern ih­rer Ma­te­rie ver­fasst. Nur in Einz­elfäl­len wäre es bei fa­chü­berg­re­i­fen­den Ar­be­i­ten sch­licht wünsc­hens­wert ge­we­sen, wenn eine genau­e­re Au­se­inan­der­set­zung mit den Grund­la­gen des an­de­ren Fachs statt­ge­fun­den hät­te. Dies führt ge­wiss zu mehr Auf­wand und zu komp­lex­e­ren Frag­es­tel­lun­gen, aber auch zu in­te­res­s­an­te­ren Er­geb­nis­sen für wei­te­re Le­ser­kre­i­se. Ein­zel­ne Beiträ­ge hät­ten auch genau­er lekt­o­ri­ert wer­den können.

Die Lek­tü­re ver­mit­telt ins­ge­samt eine gute Idee von der Vi­el­falt aufklä­re­ris­cher Be­st­re­bun­gen zwis­c­hen dem 18. und dem frü­hen 19. Jahr­hun­dert, je­doch kein ge­sch­los­se­nes Ge­samt­bild. Dies ist auch we­der der An­sp­ruch des Band­es noch der Re­i­he Frü­he Ne­u­ze­it, in wel­cher er erschi­e­nen ist, de­ren Hera­us­ge­ber ei­ner vorschnel­len Synt­he­se oh­ne­hin skep­tisch ge­ge­nü­ber­ste­hen. Zwar sch­li­eßen ein­zel­ne Beiträ­ge Forschungs­lücken, die Mehr­zahl zeigt je­doch vi­el­mehr, wie un­voll­stän­dig un­ser Bild auf­geklär­ter So­zi­etä­ten bis he­u­te ist und gibt ei­nen (be­inahe überwäl­ti­gen­den) Eind­ruck da­von, was an Forschung noch zu le­is­ten wäre. Auf Grund der Wir­kungs­ge­schich­te der So­zi­etä­ten und der Bandb­re­i­te der ver­sam­mel­ten Aufsät­ze, ist dem Band eine bre­i­te Le­ser­schaft zu wünsc­hen: Das Buch ist letzt­lich für je­den sehr emp­feh­lens­wert, der sich für Vereins‑, Demokratie- und Wis­senschafts­ge­schich­te in­te­r­es­si­ert, so­wie für die Li­te­ra­tur des 18. Jahr­hun­derts. Ne­ben dem Ta­gungs­band ist er­fre­u­li­cher­wei­se ein eben­so le­sens­wer­ter Qu­el­len­band erschi­e­nen mit Qu­el­len in latein­ischer und deu­tscher Spra­che so­wie un­ga­ris­c­hen Qu­el­len in eng­lis­cher Über­set­zung (je­doch ohne den un­ga­ris­c­hen Ori­gi­nal­text).[2]

[1] Hans-Josef Irmen, Fr­au­ke Hess, Heinz Schu­ler, Hrsg., Die Pro­to­kol­le der Wi­e­ner Fre­i­ma­u­rer­lo­ge „Zur wah­ren Ein­tracht“ (1781‒1785) (Frank­furt am Main: P. Lang, 1994).

[2] Réka Len­gyel and Gá­bor Tüs­kés, eds, Lear­ned So­ci­eti­es, Fre­e­ma­sonry, Sci­en­ces and Li­te­ra­tu­re in 18th-Century Hun­gary: A Coll­ec­ti­on of Do­cu­ments and Sour­ces. (Bu­da­pest: Ins­ti­tu­te for Li­ter­ary Stu­di­es, Re­se­arch Cent­re for the Hu­ma­ni­ti­es, Hun­ga­ri­an Aca­demy of Sci­en­ces, 2017).

Tar­ta­lom

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