Balogh F. András írása

január 23rd, 2009 § 0 comments

recenzió

Gá­bor TÜSKÉS–Éva KNAPPGer­ma­nia Hun­ga­ria lit­te­ra­ta. Deutsch-ungarische Li­te­ra­tur­ver­bin­dun­gen in der frü­hen Ne­u­ze­it, We­id­ler Buch­ver­lag, Ber­lin 2008 (Stu­di­um Lit­ter­arum. Stu­di­en und Tex­te zur deu­tsc­hen Li­te­ra­tur­ge­schich­te, 15).

Der Auf­satz­band des Autoren- (und Ehe-)paars Gá­bor Tüs­kés und Éva Knapp sig­nal­isi­ert ein ne­ues Ka­pi­tel in der Er­forschung der ungarisch-deutsch – und nicht zu­letzt – ös­ter­re­i­chis­c­hen – Li­te­ra­tur­be­zi­e­hun­gen in der Frü­hen Ne­u­ze­it. Der The­men­komp­lex Re­na­is­sance, 16. Jahr­hun­dert, Re­for­mati­on, Frü­he Ne­u­ze­it, Früh­ba­rock im deutsch-ungarischen Kon­text trat im letz­ten Jahr­zehnt – nach ei­ner Tal­soh­le um die Wen­de he­rum – wi­e­der in vol­ler Stär­ke im li­te­ra­tur­wis­senschaft­li­chen Be­t­ri­eb Un­garns auf und hi­elt allmäh­lich auch in die Ger­ma­nis­tik der Bun­des­re­pub­lik Ein­zug: Es wurd­en ge­me­in­same Ta­gun­gen un­ga­ris­cher und deu­tscher Ger­ma­nis­ten or­gan­i­si­ert, aus de­nen gut do­ku­men­ti­er­te Auf­satzbän­de herv­or­gin­gen.1 Bei ei­nem gu­ten Teil von di­e­sen Ta­gun­gen hat sich Gá­bor Tüs­kés als Wis­senschaft­sor­ga­ni­sa­tor herv­or­ge­tan, so promovi­er­te er The­men wie Simp­li­cis­si­mus, Zrí­nyi und die Erzähl­kul­tur der Frü­hen Ne­u­ze­it zu Mo­det­he­men in Un­garn.2 Ganz of­fen­sicht­lich geht es um eine met­ho­dis­che und ko­or­di­ni­er­te Bear­be­i­tung der li­ter­aris­c­hen Wechsel­be­zi­e­hun­gen zwis­c­hen dem deu­tsc­hen und un­ga­ris­c­hen Sprachra­um im 16.(-17.)-18. Jahr­hun­dert. Die Kri­tik hat di­e­se Ta­gun­gen und die Bü­cher ein­stim­mig gut aufgenommen.

Di­e­se Ta­gun­gen und die da­ra­us herv­or­ge­hen­den Auf­satzbän­de bil­den aber nur eine Rich­tung der Forschung. Das Au­toren­pa­ar Tüskés/Knapp wid­met sich auch im Allein- (bzw. Doppel)gang der Pe­ri­o­de, vor ein­i­ger Jah­ren pub­li­zi­er­ten sie fun­di­er­te Aufsät­ze über die Emb­le­me des un­ga­ris­c­hen Ba­rocks, über die volks­re­li­gi­ö­se Dich­tung der Zeit und über die kul­tu­rel­len Wechsel­be­zi­e­hun­gen.3 Jetzt legt das Au­toren­pa­ar zu di­e­sen in­ter­na­ti­o­nal an­ge­leg­ten Forschun­gen ei­nen ne­u­en ei­ge­nen Buch­beit­rag vor, der in der gut be­kann­ten, von Hans-Gert Ro­loff und Knut Ki­e­sant hera­usge­ge­be­nen Re­i­he Stu­di­um Lit­ter­arum des We­id­ler Buch­ver­lags erschi­e­nen ist. Das Buch – in ei­ner zu besche­i­de­nen Auf­ma­chung – te­ilt viel We­sent­li­ches über di­e­se Epo­che mit und wird der Forschung si­cher­lich Im­pul­se geben.

Die Au­toren deh­nen in di­esem Band die Epo­c­heng­ren­zen der Frü­hen Ne­u­ze­it ge­ge­nü­ber dem Sen­sus com­mu­nis der Ger­ma­nis­tik un­se­rer Zeit et­was aus, die obe­re Gren­ze wird wei­ter nach vorne verscho­ben und auch The­men des Ba­rocks wer­den zur Frü­hen Ne­u­ze­it gezählt. Die dy­na­misch auf­ge­fass­te Epo­c­heng­ren­ze wird im­mer mit dem Cha­rak­te­r­is­ti­kum der Li­te­ra­tur­be­zi­e­hun­gen be­grün­det: Manche The­men der ober­deu­tsc­hen Li­te­ra­tur sind jahr­hun­dert­lang in Un­garn rez­ipiert und wei­ter­ge­dacht wor­den. Di­e­se Re­zept­ionssträn­ge, wie etwa die Ver­filmung (und Ne­u­de­u­tung) der simp­li­zi­a­nis­c­hen Tex­te bot­en dem Au­toren­pa­ar An­lass für Ab­s­te­cher so­gar ins 20. Jahrhundert.

Die Ka­pi­tel des Band­es tre­ten aus den ge­wohn­ten ima­go­lo­g­is­c­hen und ver­glei­chen­den Dars­tel­lun­gen deutsch-ungarischer Be­zi­e­hun­gen hera­us. Die Wirkungs- und Re­zept­ionsge­schich­te, aber auch die mo­dis­che Ima­go­lo­gie wird hier durch solc­he Ver­fah­ren und durch solc­he The­men er­setzt und wei­ter­ent­wic­kelt, die der klas­sis­c­hen Kon­takt­forschung treu ble­i­bend den mo­der­nen Ansä­tzen der In­ter­me­dia­lität, der In­ter­kul­t­u­ra­lität und der Hybri­dität Rech­nung tragen.

Der Sammel­band des Au­toren­pa­a­res ve­re­i­nigt vier be­de­u­ten­de The­men­b­löc­ke der deutsch-ungarischen Be­zi­e­hun­gen: die von der la­te­i­nis­c­hen Dich­tung get­ra­ge­ne Li­te­ra­turt­he­orie, die ge­ist­li­che Li­te­ra­tur, die pä­da­go­g­is­c­hen As­pek­te der Emb­le­ma­tik bzw. die vi­ru­len­ten Jesu­i­tend­ra­men und der simp­li­zi­a­nis­che Schel­men­ro­man bil­den die vier Eckp­fe­i­ler des Band­es, wo­bei eine ch­ro­no­lo­g­is­che Anord­nung der The­men zu se­hen ist. Wich­ti­ger als der zeit­li­che Ab­la­uf der Be­zi­e­hun­gen gest­al­tet sich für die Au­toren die Ei­gendyna­mik der Li­te­ra­tur zwis­c­hen his­toris­cher Be­dingt­he­it, ideologisch-religiöser Gän­ge­lung in di­ver­sen Epo­chen der Re­katho­li­si­er­ung, so­wie der Einf­luss der Kultur- und Li­te­ra­turt­he­orie auf die Au­toren di­e­ser Zeit. Ger­ade des­halb ge­hö­ren zu den bes­ten Ka­pi­teln des Buchs die Te­i­le über Ja­kob Bal­de und Ja­cob Mas­en, de­ren Wir­kung auf Sü­dos­teu­ro­pa hier erst­mals rich­tig und in al­ler Ti­e­fe un­ter­sucht wurde. Be­kannt­ga­be der Bib­li­ot­heks­recherchen, Dis­kus­si­on mit an­de­ren For­schern, kri­tis­che Be­le­uch­tung der Fach­li­te­ra­tur ma­chen di­e­se Un­ter­ka­pi­tel zu ei­ner span­nen­den Lek­tü­re. De­ta­ils wer­den nicht ge­sche­ut, und die großen Zu­sam­menhän­ge wer­den ak­ri­bisch nach­ge­ze­ich­net. Da­mit le­is­tet di­e­ser Band die Ein­bin­dung der un­ga­ris­c­hen Ger­ma­nis­tik in die in­ter­na­ti­o­nale Forschung und prä­sen­ti­ert die Er­geb­nis­se der – le­ider zu oft nur un­ga­risch­spra­c­hi­gen – Hungarologie.

Tüs­kes und Knapp stel­len kei­ne beson­de­ren, um­wer­fen­den The­ori­en auf, sie trach­te­ten vi­el­mehr da­nach, die wich­tig­sten Mo­men­te ei­ner Ge­schich­te der deutsch-ungarischen Be­zi­e­hun­gen philologisch-textuell zu erar­be­i­ten, wo­rin der Re­zen­sent den wich­tig­sten Ert­rag des Band­es er­kennt. Dem­nach wür­de der ne­u­la­te­i­nis­c­hen Dich­tung auch in den deutsch-ungarischen Be­zi­e­hun­gen eine größe­re Auf­merk­sam­ke­it ge­büh­ren, denn sie tran­spor­ti­er­te – am Be­is­pi­el von Ja­kob Bal­de de­monst­ri­ert – geo­gra­p­his­che und his­toris­che Kennt­nis­se vom Deutsch­land und Un­garn. Ja­kob Bal­de kann­te gut die un­ga­ris­che Ge­schich­te und die Tür­kenk­ri­e­ge, er ver­wen­de­te als To­pos den Na­men von Jo­han­nes Hu­nya­di und ger­ade des­halb er­re­ich­te er und kein an­derer eine große Po­pu­la­rität in Un­garn. Sei­ne im Froschmäu­sek­ri­eg erar­be­i­te­te Sch­re­ibst­rate­gie wurde auch von Cso­ko­nay, dem wich­tig­sten Au­tor der un­ga­ris­c­hen Empfind­sam­ke­it, über­nom­men. Durch das Be­is­pi­el von Ja­cob Mas­en weist das Au­toren­pa­ar wi­e­der auf die Be­de­u­tung der ne­u­la­te­i­nis­c­hen Dich­tung hin: Die Ideen Mas­ens be­e­inf­luss­ten die un­ga­ris­che Emb­le­ma­tik, die – nach ei­ner Pha­se der hei­mis­c­hen Trans­for­ma­ti­on in Un­garn – auf die deu­tsche Kul­tur zu­rück­wirk­te. Da­mit ent­stand ge­ge­nü­ber dem be­kann­ten, von Wes­ten nach Os­ten ge­rich­te­ten Weg der Re­zept­ion eine beson­de­re Aus­nah­me. Die ober­deu­tsche Li­te­ra­tur, vor al­lem durch das jesu­i­tis­che Bil­dung­side­al von der „ge­ist­re­i­chen Un­ter­hal­tung“ tran­spor­ti­ert, be­leb­te das Dra­ma in Un­garn. Die Stüc­ke wurd­en dann in Deutsch­land ges­pi­elt. In­te­res­sant ist noch die The­se der Au­toren über die Kri­eg­sa­uf­fas­sung der pa­ral­lel wir­ke­n­den Ba­rocksch­riftstel­ler Zrí­nyi und Grim­mels­ha­us­en: Die ähn­li­chen Be­trach­tun­gen kön­nen ke­i­nes­falls als Ak­zi­dens, son­dern als eine eu­ro­päis­che Ver­net­zung be­trach­tet werden.

Die un­ga­ris­che Ge­schich­te, vor al­lem aber die Tür­kenk­ri­e­ge als theo­lo­g­is­ches Prob­lem bil­de­ten den Stoff vi­e­ler deutsch- und la­te­i­nis­c­henspra­c­hi­gen Jesu­i­tens­tüc­ke, die da­mals ei­nen ganz beson­de­ren Stel­len­wert in der Li­te­ra­tur der Re­gi­on er­rangen. Den De­ta­i­lun­ter­su­chun­gen des Au­toren­pa­ars zu­fol­ge kann man jetzt die Wege der Mo­tive, die Grund­la­gen des Li­te­ra­tur­verständ­nis­ses im 17. und 18. Jahr­hun­dert, die Zentrum-Peripherie-Problematik jener Zeit in ei­nem ne­u­en Lich­te sehen.

Der Band lässt die Frü­he Ne­u­ze­it als eine Epo­che, aber auch als eine Rich­tung der Mo­der­ni­si­er­ung der Li­te­ra­tur und Kul­tur auf an­ti­ken Grund­la­gen er­ken­nen, die in Un­garn mit ih­ren letz­ten Er­sche­i­nun­gen bis am An­fang des 19. Jahr­hun­dert prä­sent war. Nach dem die Wir­kung von Ja­cob Mas­en nach 150, von Ja­kob Bal­de nach 200 Jah­ren er­losch, be­g­ann eine an­de­re Mo­der­ni­si­er­ung der un­ga­ris­c­hen Li­te­ra­tur. Das gan­ze Buch ist ein gu­tes Be­is­pi­el da­für, wie phi­lo­lo­g­is­che Bü­cher zu gest­al­ten sind: Ar­gu­men­ta­ti­on, Sach­kennt­nis­se, Besch­re­i­bung der Zu­sam­menhän­ge, aber auch das Layout, die Ab­bil­dun­gen und das Reg­is­ter ent­s­prec­hen den höchs­ten Er­war­tun­gen der Phi­lo­lo­gie. Das Buch kann For­schern und Stu­den­ten drin­gend emp­foh­len werden.

1. Z.B: Sym­po­si­um Hun­ga­ri­ca in Bayern. Die Beiträ­ge wurd­en veröf­fent­licht in: Ungarn-Jahrbuch. Zeitsch­rift für in­ter­di­szi­plinä­re Hun­ga­ro­lo­gie. Mün­chen, Bd. 28 (2005–2007); Deutsch­land und Un­garn in ih­ren Bildungs- und Wis­senschafts­be­zi­e­hun­gen wäh­rend der Re­na­is­sance. Hg. Wil­helm Kühl­mann und An­ton Schind­ling un­ter Mi­tar­be­it von Wolf­ram Hau­er. Stutt­gart: Franz-Steiner-Verlag 2004. (= Con­tu­ber­ni­um – Tü­bin­ger Beiträ­ge zur Universitäts- und Wis­senschafts­ge­schich­te, Bd. 62); Im Ap­ril 2008 wurde eine Ta­gung zur Kul­tur und Li­te­ra­tur im Donau-Karpatenraum in der Frü­hen Ne­u­ze­it in Sze­ged abgehalten.

2. Bre­u­er, Di­e­ter u. Gá­bor Tüs­kés (Hg.), Das Un­garn­bild in der deu­tsc­hen Li­te­ra­tur der frü­hen Ne­u­ze­it. Der Un­ga­ris­che oder Da­ci­a­nis­che Simp­li­cis­si­mus im Kon­text ba­ro­cker Re­i­se­erzäh­lun­gen und Simp­li­zia­den. Bern, […] Frank­furt am Main u.a.: Pe­ter Lang 2005. (= Be­ihef­te zu Simp­li­ci­a­na, Heft 1) Die Beiträ­ge der Ta­gun­gen Mi­li­tia et lit­te­rae: Un­garn­bil­der und his­toris­ches Selbst­ver­ständ­nis in der eu­ro­päis­c­hen Ge­schich­te, Li­te­ra­tur und bil­den­den Kun­st am Be­is­pi­el der be­iden Ni­ko­laus Zrí­nyi (Bu­da­pest 2007), bzw. For­tu­na­tus, Me­lu­si­ne, Gen­o­fe­va. In­ter­na­ti­o­nale Erzähl­st­of­fe in der deu­tsc­hen und un­ga­ris­c­hen Li­te­ra­tur der Frü­hen Ne­u­ze­it (Eger, Un­garn 2008) wer­den veröffentlicht.

3. Tüskés/Knapp: Emb­le­ma­tics in Hun­garyTü­bin­gen: Ni­e­meyer 2003; Tüskés/Knapp Volksfröm­mig­ke­it in Un­garn. Det­tel­bach 1996. Tüs­kés: Jo­han­nes Ná­da­si: eu­ro­päis­che Ver­bin­dun­gen der ge­ist­li­chen Erzähl­li­te­ra­tur Un­garns im 17. Jahr­hun­dert. Tü­bin­gen: Ni­e­meyer 2001.

Összefoglaló

Tüs­kés Gá­bor és Knapp Éva ta­nul­mány­kö­te­te a kora új­ko­ri magyar-német iro­dal­mi kap­cso­la­to­kat ve­szi gór­cső alá. A szer­ző­pá­ros a kora új­kort szé­le­sen ér­tel­me­zi: egé­szen a fel­vi­lá­go­so­dás ko­rá­ig ér a 16. szá­zad­tól kezd­ve fel­dol­go­zott té­mák íve. A kö­tet Ja­kob Bal­de és Ja­cob Mas­en ma­gyar­or­szá­gi ha­tá­sá­nak elem­zé­sé­vel nyit, majd az emb­le­ma­ti­kát, a Simplicissimus-regényt és a Zrínyi-jelenséget tár­gyal­ja. A szer­zők sza­kí­ta­nak a szok­vá­nyos ha­tás­me­cha­niz­mu­sok desk­rip­tív mo­dell­jé­vel, és ala­pos rész­le­tes­ség­gel, va­la­mint ha­tal­mas tár­gyi tu­dás­sal elem­zik a két iro­da­lom na­gyon össze­tett kap­cso­la­ti rend­sze­rét, amely­ben ti­po­ló­gi­ai egy­be­esé­sek­től ima­go­ló­gi­ai ha­tá­sig, re­cep­ci­ó­tól egé­szen há­ló­za­ti kép­ződ­mé­nye­kig sok min­den ké­pe­zi a kö­zös iro­dal­mi anya­gok rend­sze­rét. A kö­tet a láb­jegy­zet­ben meg­adott mun­kák so­ro­za­tá­ba il­lesz­ke­dik, ame­lyek mind ar­ról ta­nús­kod­nak, hogy a ma­gyar iro­da­lom­ku­ta­tás nép­sze­rű Németországban.

Tar­ta­lom

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